Zollrechtliche Besonderheiten beim Transit durch die Schweiz
Der Warentransport zwischen Deutschland, der Schweiz und Italien spielt eine zentrale Rolle im innereuropäischen Güterverkehr. Die Schweiz bildet als Transitland zwischen dem Norden und dem Süden Europas einen strategisch bedeutenden Korridor. Wer Transporte über diese Route plant oder durchführt, muss jedoch zahlreiche gesetzliche Vorgaben und Besonderheiten beachten, da die Schweiz kein EU-Mitglied ist. Dieser Artikel bietet eine umfassende Übersicht über Mautregelungen, Tunnelgebühren, Genehmigungen und weitere logistische Aspekte für Unternehmen.
Da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, gelten besondere zollrechtliche Vorschriften, auch beim reinen Transit.
T2-Versandverfahren für EU-Waren
Für den Transit von EU-Waren durch die Schweiz wird das gemeinsame Versandverfahren T2 angewendet. Es ermöglicht den unverzollten Durchtransport durch das Schweizer Staatsgebiet, ohne dass dort Zoll oder Einfuhrumsatzsteuer anfällt. Für den Bahnverkehr gibt es außerdem das schienengebundene T2-Korridorverfahren, mit dem zugelassene Unternehmen Waren ohne Zollformalitäten transportieren dürfen.
Beim Transport über die Straße, der einen Großteil des Warentransports in Europa ausmacht, ist das Versandverfahren mit einigen Formalitäten verbunden. Die Versandanmeldung (T2) erfolgt elektronisch über das NCTS-System (New Computerised Transit System) bzw. das ATLAS-Programm in Deutschland. Der Versand wird an der Abgangszollstelle in Deutschland eröffnet. Hier werden Prüfung und Nämlichkeitssicherung vorgenommen. Außerdem muss das Unternehmen eine Sicherheitsleistung hinterlegen. Anschließend kann die Ware unter zollamtlicher Überwachung über die Schweiz transportiert werden. Die Beendigung erfolgt an der Eingangszollstelle in Italien, wo das Versandverfahren abgeschlossen wird.
Erforderlich sind:
- Eine gültige EORI-Nummer
- Begleitdokumente (T2, Handelsrechnung, CMR-Frachtbrief)
- Sicherheitsleistungen oder Bürgschaften für das Versandverfahren
Alternativ: TIR-Verfahren für spezielle Transitfälle
Neben dem T2-Versandverfahren kann für den Warentransport durch die Schweiz auch das internationale TIR-Verfahren genutzt werden. Es basiert auf dem TIR-Übereinkommen von 1975 und ermöglicht den Transit von Waren durch ein oder mehrere Drittstaaten (z. B. die Schweiz) unter Zollverschluss, ohne dass in jedem Transitland einzelne Zollformalitäten erforderlich sind.
Ein zentrales Dokument ist das Carnet TIR, das von zugelassenen Transportunternehmen bei einer autorisierten TIR-Vereinigung beantragt wird (z. B. BGL in Deutschland). Das Carnet dient gleichzeitig als Begleitdokument und Sicherheitsleistung.
Das Verfahren kann auch für EU-Ursprungswaren angewendet werden – etwa für Transporte von Deutschland nach Italien über die Schweiz. In der Praxis kommt es jedoch vor allem bei komplexeren Routen oder Beteiligung von Drittstaaten (z. B. Türkei, Ukraine, Zentralasien) zur Anwendung. Für den reinen EU-Transit durch die Schweiz ist das T2-Verfahren meist wirtschaftlicher und technisch einfacher, da es vollständig elektronisch über das NCTS-System abgewickelt wird.
Transitrouten durch die Schweiz: Gotthard und San Bernardino im Fokus
Die zollrechtlichen Vorgaben machen nur einen Teil der Besonderheiten beim Transport über die Schweiz aus. Ebenso wichtig sind die Gegebenheiten vor Ort, die durch die einzigartige Lage und Geographie des Landes als transalpiner Korridor entstehen.
Die beiden wichtigsten Transitachsen verlaufen über die A2: von Basel über Luzern – Gotthard-Tunnel – Bellinzona – Chiasso (Grenzübergang zu Como/Italien) sowie über die A13: von St. Margrethen über Chur – San-Bernardino-Tunnel – Bellinzona – Chiasso.
Beide Routen sind für den Schwerverkehr freigegeben, gut ausgebaut und werden intensiv genutzt. Während die A2 als Hauptachse gilt, bietet die A13 eine wichtige Ausweichroute – besonders bei Verkehrsüberlastung oder Baustellen am Gotthard.
Die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA)
Jeglicher Schwerverkehr, der durch die Schweiz fährt – unabhängig davon, ob es sich um Transit oder Zielverkehr handelt – unterliegt der LSVA, einer variablen Abgabe, die die vom Verkehr verursachten Kosten ausgleichen soll. Die LSVA ersetzt die klassische Autobahnmaut – es gibt keine gesonderte Maut, außer bei privat betriebenen Tunneln (z. B. Großer St. Bernhard-Tunnel).
Berechnungsgrundlage hierfür bilden die zurückgelegte Strecke auf Schweizer Gebiet, das Gesamtgewicht des Fahrzeugs, sowie die Emissionsklasse (EURO-Norm). Die Erfassung erfolgt über On-Board-Units (OBU) für registrierte Fahrzeuge oder manuell bei Einzelfahrten (an Grenzübergängen oder per App). Der Betrag der LSVA lässt sich, beispielsweise mithilfe eines Online-Rechners, bereits im Voraus überschlagen, um die ungefähren Kosten planen zu können. Der Transit nach Italien mit einem mittelschweren bis schweren LKW (ab 18 Tonnen) resultiert für gewöhnlich in einem niedrigen dreistelligen Betrag.
Tunnelregelungen und Verkehrseinschränkungen
Gotthard-Straßentunnel
- Länge: 17 km – einer der längsten Straßentunnel Europas
- Nur eine Röhre: Einspuriger Richtungsverkehr bei Staus
- Für Gefahrguttransporte gelten strikte Vorschriften (zeitlich beschränkt)
San-Bernardino-Tunnel
- Alternativroute mit kürzerem Tunnel (6,6 km)
- Weniger Verkehr, aber kurvenreicher und witterungsanfälliger
Großer St. Bernhard-Tunnel
- Verbindung Martigny (CH) – Aosta (IT)
- Mautpflichtig, auch für LKWs
- Nur bedingt für Transit geeignet – eher für spezifische Relationen
Zollämter und Öffnungszeiten
Wichtige Transit-Zollstellen sind Basel/Weil am Rhein-Autobahn, St. Margrethen, und Thayngen.
Viele Zollstellen an Hauptachsen haben verlängerte Öffnungszeiten oder sind durchgehend geöffnet – kleinere Übergänge gegebenenfalls nur eingeschränkt. Informieren Sie sich hierüber im Voraus.
Verkehrsbeschränkungen und Fahrverbote
In der Schweiz gelten folgende Regelungen:
- Nachtfahrverbot: 22:00 – 05:00 Uhr für Fahrzeuge > 3,5 t
- Sonn- und Feiertagsfahrverbot: 00:00 – 24:00 Uhr für LKW > 3,5 t
- Bei extremen Witterungsverhältnissen in den Alpen können saisonale Einschränkungen die Fahrt beeinträchtigen.
In Italien gelten:
- LKW-Fahrverbot (> 7,5 t) an Sonn- und Feiertagen (genaue Zeiten variieren je nach Saison)
- Samstagsfahrverbot während der Sommerferien
Fazit und Empfehlungen für Unternehmen
Der Transitverkehr von Deutschland nach Italien über die Schweiz erfordert eine präzise Planung und fundierte Kenntnisse sowohl der gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch der Realitäten vor Ort. Besonders im Zollbereich sind Fehler schnell teuer – daher sollten Transporteure mit den Abläufen der betreffenden Verfahren vertraut sein und ihre Dokumente korrekt vorbereiten. Klären Sie die Zollabwicklung im Voraus und eröffnen Sie insbesondere das T2-Verfahren rechtzeitig. Auch die LSVA, Tunnelregelungen und Verkehrsbeschränkungen stellen operative Herausforderungen dar. Wer jedoch die Vorschriften kennt und seine Transportrouten auf Verkehrslage, Sperrzeiten und Tunnelverfügbarkeit abstimmt, kann den Alpenkorridor über die Schweiz effizient und regelkonform nutzen.
Wenn Sie regelmäßig Transporte über das Transitland Schweiz durchführen, sind Dauerbewilligungen oder On-Board-Lösungen für die LSVA-Abgabe empfehlenswert. In diesem Fall empfiehlt es sich außerdem, Fahrpersonal zu Zoll- und Verkehrsvorschriften, Sicherheitsausrüstung, Verhalten bei Kontrollen zu schulen. In vielen Fällen, und insbesondere bei Unsicherheiten mit dem internationalen Transport, profitieren Sie von der professionellen Zusammenarbeit mit Zolldienstleistern oder spezialisierten Speditionen. So können Sie einen der zentralen Logistikpfade Europas optimal für sich einsetzen.